Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Geburtsurkunde und der Staatsangehörigkeit?
Die Staatsangehörigkeit ist ebenso wie die Geburtsurkunde wichtig im Leben eines Menschen. Wer keine Staatsbürgerschaft eines Landes besitzt gilt als staatenlos. Das Recht auf eine Staatsangehörigkeit ist auch ein Menschenrecht, denn ohne Staatsangehörigkeit gilt ein Mensch als rechtlich „unsichtbar“. Das Recht auf eine Geburtsurkunde und das Recht auf eine Staatsangehörigkeit bestehen unabhängig voneinander. In Deutschland ist die Geburt im Lande nicht mit dem Recht auf Erteilung der deutschen Staatsangehörigkeit verknüpft. Anders bei der Geburtenregistrierung: Hier ist der Staat nach der UN-KRK verpflichtet eine Geburtsurkunde auszustellen.
Unter welchen Bedingungen kann die Zurückstellung der Beurkundung ein annehmbarer Weg sein?
Aus kinderrechtlicher Perspektive ist es geboten, dass jedes in Deutschland geborene Kind eine Geburtsurkunde erhält.
Ist die Identität der Eltern nicht geklärt, kann das Standesamt die Beurkundung zurückstellen (§ 7 PStV) und bescheinigen, dass der Personenstandsfall angezeigt aber noch nicht beurkundet wurde. Diese Zurückstellung kann hilfreich sein, um Eltern Zeit zu verschaffen, fehlende Identitätsnachweise nachzureichen. Allerdings verstößt eine längerer, mehrere Monate andauernde Zurückstellung des Beurkundungsverfahrens und damit eine unvollständige Registrierung der Geburt gegen Artikel 7 der UN-Kinderrechtskonvention (UN-KRK).
Die Bescheinigung über die Zurückstellung ist daher aus kinderrechtlicher Perspektive nur als Übergangslösung zu empfehlen, wenn eine Klärung zeitnah möglich ist. Denn im Gegensatz zum Registerausdruck ist die Zurückstellung keine Personenstandsurkunde nach dem Personenstandsgesetz (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 PStG) und hat daher auch nicht ihre Beweiskraft. Ist eine Klärung innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis beziehungsweise Anzeige der Geburt nicht möglich, sollte stattdessen – auch mit Blick auf die UN-KRK – ein beglaubigter Registerausdruck ausgestellt werden, gegebenenfalls mit einem erläuternden Zusatz über die ungeklärte Identität der Eltern (§ 35 PStV). Der Registerausdruck ist qua Gesetz der Geburtsurkunde gleichgestellt (§ 54 Abs. 2 PStG), jedoch nicht in Bezug auf den erläuternden Zusatz. Mit erläuterndem Zusatz über die ungeklärte Identität der Eltern hat er jedenfalls Beweiskraft hinsichtlich der Geburt des Kindes. Wenn zu einem späteren Zeitpunkt alle zu beurkundenden Tatsachen feststehen, kann der Registerausdruck im Nachhinein berichtigt und auch eine Geburtsurkunde ausgestellt werden.
Es kann sich lohnen mit dem*der Standesbeamt*in gemeinsam über die beste Lösung im konkreten Fall nachzudenken und zu prüfen, in welchem Zeitrahmen es möglich ist, Dokumente zu beschaffen; dabei sollten die Rechte des betroffenen Kindes gemäß UN-KKRK stets im Blick behalten werden.
Wie ist der unbestimmte Rechtsbegriff der „angemessenen Frist“ in § 7 PstG auszulegen?
Der Bundesgesetzgeber fordert im Falle einer Zurückstellung, die Beurkundung „in angemessener Frist nachzuholen“ (§ 7 PstG Absatz 1 Satz 2). Was konkret als „angemessene Frist“ angesehen ist, bleibt jedoch unklar und wurde von der Regierung zuletzt im Rahmen der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage 2016 in der Form beantwortet, dass „[…] die Dauer der Frist […] nur aufgrund der Umstände des Einzelfalles nach objektiven Maßstäben beurteilt werden [könne]“. Ein sicherlich zutreffender Sachverhalt, der jedoch unbedingt im Lichte der Vorgaben aus Artikel 7 UN-KRK zur „unverzüglichen“ Geburtenregistrierung mit einer maximal zulässigen Zeitspanne für das Nachholen der Geburtenregistrierung von 4 Monaten zu bestimmen ist.
In welchen Fällen reicht der Registerausdruck gegenüber der Geburtsurkunde nicht aus?
Durch die Eintragung einer Geburt in einem staatlichen Register erhält der Staat bereits die Daten, die er für eigene Zwecke benötigt. Mit der bloßen Eintragung ihrer Geburt hat die Person noch keinen Vorteil. Erst die Geburtsurkunde enthält im Sinne der UN-KRK den Beweis über die staatliche Anerkennung der eigenen Rechtsfähigkeit und befähigt dazu andere Rechte auszuüben. Die Geburtsurkunde hat eine Beweisfunktion und versetzt das Kind in die Lage, die eigene Identität und insbesondere auch die Abstammung im rechtlichen Sinne nachweisen zu können.
Auch der beglaubigte Registerausdruck erfüllt zunächst diese Beweisfunktion (§ 35 PStV, 54 PStG). Dies gilt allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die Behörden nicht zugleich die Ausstellung einer Geburtsurkunde aufgeben. Genau dies wird der Monitoring-Stelle aber aus der Praxis berichtet. Langfristig kann der beglaubigte Registerausdruck nicht all die Funktionen erfüllen die eine (in Deutschland ausgestellte) Geburtsurkunde erfüllen kann. Diese ist etwa faktische Voraussetzung für die Einbürgerung, denn dort gibt es hohe Hürden zur Feststellung der geklärten Identität und der beglaubigte Registerausdruck entspricht nicht den geforderten Anforderungen. Auch bei Eheschließungen können Probleme bei Vorlage eines beglaubigten Registerausdrucks auftreten.
Eines der größten Hindernisse ist aber wohl, dass die rechtliche Gleichwertigkeit des beglaubigten Registerausdrucks (§ 54 Abs. 2 PStG) oftmals nicht bekannt ist, insbesondere bei leistungsgewährenden Stellen, sodass die Gleichwertigkeit faktisch nicht gegeben ist und Personen oftmals ihre Leistungen nicht oder verspätete erhalten. Es handelt sich insofern aus kinderrechtlicher Perspektive um ein Übergangsinstrument.
Wie hängt die Erteilung einer Steuer-ID mit der Registrierung eines Kindes und der Auszahlung des Kindergelds zusammen?
Die Zuweisung einer Steuer-ID erfolgt nach Meldung bei den Meldebehörden (§ 139 b Absatz 6 Abgabenverordnung (AO)). Die Standesämter teilen den Meldebehörden gem. § 17 Absatz 4 Bundesmeldegesetz (BMG) iVm § 57 Absatz 1 Nr. 3 PSTV die Beurkundung der Geburt mit. Grundsätzlich sollte bereits bei Anzeige der Geburt die Existenz des Kindes durch die Standesämter an die Meldebehörden übermittelt werden. Da die Zurückstellung der Beurkundung gemäß § 7 PStV keine Beurkundung (i.S.d. § 17 Absatz 4 BMG) darstellt, kann es passieren, dass der automatische Mechanismus zur Zuweisung einer Steuer-ID durchbrochen wird. Voraussetzung für die Gewährung von Kindergeld ist allerdings die Identifizierung des Kindes durch die steuerliche Identifikationsnummer (Steuer-ID) gemäß §§ 62, 63 EStG.
Welche rechtlichen Grundlagen gelten für die Geburtenregistrierung?
Sowohl auf internationaler Ebene als auch auf nationaler Ebene lassen sich rechtliche Grundlagen zur Ausstellung einer Geburtenregistrierung finden. Aus kinderrechtlicher Perspektive spielt insbesondere Artikel 7 Absatz 1 der UN-Kinderrechtskonvention (UN-KRK) eine große Rolle. Dort steht: „Das Kind ist unverzüglich nach seiner Geburt in ein Register einzutragen [...]“.
In Deutschland sind die Standesämter für die Geburtsbeurkundung und die anschließende Ausstellung von Geburtsurkunden zuständig. Besonders relevante Rechtsgrundlagen für die Standesämter sind das Personenstandsgesetz (PStG), die Personenstandsverordnung (PStV) sowie das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB), das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) und die Zivilprozessordnung (ZPO). Daneben sind auch das Völker- und Europarecht für sie wichtig, denn auch die Standesämter sind verpflichtet internationale Vorgaben zu beachten.
Einzelne wichtige Normen können Sie in der Rubrik „gesetzliche Grundlagen“ nachschlagen.
Welche Ereignisse im Leben eines Menschen gibt es, die den Besitz einer Geburtsurkunde nötig machen?
Informationen darüber, wann die Geburtsurkunde im Leben eines Menschen wichtig ist, finden Sie in unserem bewegten Zeitstrahl weiter oben auf der Startseite.
Die Geburt eines Kindes muss binnen einer Woche durch die Eltern, das Krankenhaus oder die Geburtshilfeeinrichtung angezeigt werden (§18 PStG, § 6 PStV). Es erfolgt aufgrund der Anzeige die Eintragung der Geburt in das Geburtenregister (§21 PStG) und die Ausstellung einer Geburtsurkunde (§ 59 PStG) oder eines beglaubigten Registerausdrucks (§ 55 Absatz 1 Nr. 1 PStG). Verstehen Beteiligte die deutsche Sprache nicht, ist ein*e Dolmetscher*in hinzuzuziehen (§ 2 Absatz 2 PStV).
Was ist der Unterschied zwischen einem Registerausdruck und einer Geburtsurkunde?
Sowohl die Geburtsurkunde als auch der Registerausdruck gelten als Personenstandsurkunden nach dem Personenstandsgesetz (§ 55 Absatz 1 Nr. 1 PStG). Sie sind rechtlich gleichwertige Dokumente (54 Absatz 1 Satz 1 und 2 PStG). Wurde im Geburtenregister der Zusatz vermerkt, dass der Identitätsnachweis der Eltern nicht erbracht wurde, erstreckt sich die Beweiskraft nicht auf die Identität der Eltern und folglich auch nicht auf die Namensführung des Kindes. Dennoch beweist der Registerausdruck, dass ein Kind mit einem bestimmten Vornamen zu einem bestimmten Zeitpunkt und Ort geboren wurde und von den beurkundeten Eltern abstammt. Die Geburtsurkunde hingegen liefert den vollen Beweis über die Abstammung eines Kindes.
Was sind die Aufgaben eines Standesamts?
Standesbeamt*innen sind für die Beurkundung des Personenstands zuständig:
Beurkundung und Nachbeurkundungen von Eheschließungen, Geburten und Sterbefällen
Beurkundung von Vaterschaftsanerkennungen
Beurkundung von Namenserklärungen für Kinder, Ehegatt*innen und Lebenspartner*innen
Ausstellung von Ehefähigkeitszeugnissen für Eheschließungen im Ausland.
Warum werden so hohe Anforderungen an die Dokumente gestellt, die für die Erstellung einer Geburtsurkunde vorzuweisen sind?
Die Geburtsurkunde liefert den vollen Beweis über die Abstammung eines Kindes. Alle beurkundeten Tatsachen müssen daher wahr sein. Dies zu ermitteln und die Echtheit von Dokumenten zu prüfen, ist die Pflicht der Standesbeamt*innen. Inländische öffentliche Urkunden gelten als echt. Ausländische öffentliche Urkunden, welche mit Legislation oder Apostille versehen sind, werden in der Regel nach umfassender Prüfung ebenfalls als echt eingestuft. Andere ausländische Urkunden beziehungsweise Privaturkunden (also nicht öffentliche Urkunden) müssen im Wege des Freibeweisverfahrens geprüft werden. Eine weitere Vorgabe besagt, dass alle Urkunden grundsätzlich im Original vorgelegt werden müssen. Ist dies nicht möglich und sind auch keine Privaturkunden vorhanden, so kann nach der gesetzlichen Regelung des § 9 Absatz 2 PStG auch eine Versicherung an Eides Statt erfolgen. Die Rechtsprechung akzeptiert diese aber nur zusammen mit weiteren Dokumenten. In der Praxis der Standesämter findet dies – aufgrund des hohen Beweiswertes des Geburtenregisters – jedoch nur äußerst selten Anwendung.
Ich habe den Eindruck, dass die*der Standesbeamt*in die gesetzlichen Möglichkeiten nicht voll ausschöpft. Was kann ich tun?
Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben als Urkundspersonen sind die Standesbeamt*innen nicht an Weisungen gebunden (§ 2 PStG).
Es ist allerdings möglich, Standesbeamt*innen Zweifel, Ideen und Anregungen mitzuteilen und sie beispielsweise auf neue Rechtsprechungen hinzuweisen. Nimmt das Standesamt eine Beurkundung nicht vor, so kann das Gericht nach § 49 PStG das Standesamt zur Amtshandlung anweisen. Ist eine Beurkundung falsch kann eine Berichtigung nach Abschluss der Beurkundung durch das Standesamt vorgenommen werden (§ 47 PStG) oder auf Anordnung des Gerichts erfolgen (§ 48 PStG).
Welche Dokumente müssen bei der Registrierung vorgelegt werden?
Eine Geburtsurkunde wird nur dann erstellt, wenn alle Tatsachen, die beurkundet werden sollen, nachgewiesen sind. Dies folgt aus der Beweiskraft der Geburtsurkunde (§ 54 Absatz 1 und 2 PStG); d. h. die Geburtsurkunde liefert immer den vollen Beweis über die Abstammung des betroffenen Kindes. Aus diesem Grund prüfen die Standesämter die vorgelegten Dokumente sehr genau.
Bei der Anzeige sind grundsätzlich folgende Dokumente vorzulegen (§§ 8, 33 PStV)
Personalausweise der Eltern
Pässe oder Passersatzdokumente der Eltern
Geburtsurkunden der Eltern
Eheurkunden der Eltern (soweit vorhanden) oder Vaterschaftsanerkennung
Gemeinsame Erklärung der Eltern zur Ausübung der gemeinsamen Sorge der Eltern (optional)
Geburtsbescheinigung (bei der Geburt im Krankenhaus übermittelt das Krankenhaus die Geburtsbescheinigung automatisch)
Soweit das Kind ausländischer Eltern möglicherweise die deutsche Staatsangehörigkeit hat (§ 4 Absatz 3 StAG): Angaben zum unbefristeten Aufenthalt des Elternteils (§34 PStV)
Urkunden, die nicht in deutscher Sprache vorliegen, sollten durch beeidigte anerkannte Dolmetscher*innen übersetzt werden (§ 2 Absatz 2 PStV) und müssen echt sein (mit Legislation oder Apostille versehen).
Was kann man tun, wenn amtliche Dokumente nicht zu beschaffen sind?
Wenn die für eine Geburtsurkunde erforderlichen Urkunden fehlen, hat dennoch eine Geburtenregistrierung zu erfolgen und das Kind kann einen Ausdruck aus dem Geburtenregister bekommen, der ebenfalls ein offizielles Dokument ist (vergleiche § 55 Absatz 1 Nr. 1 und Nr. 4 PStG, § 54 Absatz 1 und 2 PStG und § 35 Absatz 1 PStV).
Die Beschaffung der Urkunden muss zunächst unmöglich, unzumutbar oder unverhältnismäßig sein (§ 9 Absatz 2 PStG). Ob einer dieser Fälle vorliegt, muss im Rahmen einer Einzelfallüberprüfung abgeklärt werden. Als unzumutbar wurde beispielsweise die Beantragung eines Passes für einen anerkannten Flüchtling gesehen. Unmöglichkeit kann Vorliegen, wenn die Botschaft des Herkunftslandes in Deutschland nicht arbeitet und Reisen für den Betroffenen mangels Pass nicht möglich sind. Unverhältnismäßig kann die Beschaffung sein, wenn sehr hohe Kosten (über 1 000 €) auf die Betroffenen zukommen. In diesen Fällen können auch private Urkunden (religiöse Heiratsurkunden, Wehrdienstbücher, Schulzeugnisse) und Versicherungen an Eides Statt von den Eltern oder von Verwandten die öffentlichen Urkunden ersetzen (§ 9 Absatz 2 PStG). Dies muss im Einzelfall mit dem Standesamt besprochen werden.
Welche Rolle kann der rechtliche Status von Geflüchteten bei der Beschaffung von Dokumenten spielen?
Bei der Frage der Zumutbarkeit bei der Beschaffung von Dokumenten, kann der Status der Eltern des zu registrierenden Kindes eine Rolle spielen. Um Dokumente zu erhalten, ist manchmal ein Gang zur Botschaft notwendig. Im Asylgesetz ist allerdings geregelt, dass ein solcher Gang während des laufenden Asylverfahrens nicht verpflichtend sein kann. Für anerkannte Asylberechtigte und Flüchtlinge nach der Genfer Flüchtlingskonvention ist der Gang zur Botschaft sogar grundsätzlich ausgeschlossen, da sich die Personen damit erneut dem Verfolgerstaat unterstellen würden (§72 AsylG). Bei subsidiär Schutzbedürftigen und Personen im sog. Dublin-Verfahren ist zu prüfen, ob der Gang zur Botschaft zumutbar ist. Anders ist es bei geduldeten Geflüchteten, deren Asylverfahren rechtskräftig abgeschlossen ist; von ihnen wird in der Regel der Gang zur Botschaft erwartet. Hiermit hängt auch zusammen, für welche Registrierung sich Standesbeamt*innen entscheiden: Ist von vorneherein klar, dass die Beschaffung von Urkunden nicht zumutbar ist, bietet sich die Ausstellung eines beglaubigten Registerausdruckes mit erläuterndem Zusatz über die ungeklärte Identität der Eltern an und von einer Zurückstellung ist abzusehen.
Wichtig ist ein gegenseitiges Verständnis für die verschiedenen Positionen zu entwickeln: die Standesbeamt*innen müssen sich an gesetzliche Vorgaben halten und die vorgelegten Unterlagen vor der Beurkundung sehr genau überprüfen.
Menschen, die zum Standesamt kommen und ihre Kinder registrieren lassen, sind in der Regel guten Willens alle erforderlichen Unterlagen vorzulegen. Haben sie eine Flucht hinter sich, gibt es viele verschiedene Gründe, warum sie manche Unterlagen nicht oder nur schwierig erbringen können. Die wenigen Originalurkunden, die noch erhalten sind, werden nur mit großer Vorsicht und in vertrauensvollen Kontexten aus der Hand gegeben.
Die*der Standesbeamt*in hat die Legalisation von Dokumenten gefordert - muss ich selbst dafür aufkommen?
Wenn das Standesamt Zweifel an der Echtheit einer Urkunde hat, leitet es ein Überprüfungsverfahren ein und entscheidet dabei, ob eine Legalisation oder Apostille erforderlich ist. Die Legalisation erfolgt über die deutschen Auslandsvertretungen im Herkunftsland. In einigen Ländern wird die Legalisation über eine völkerrechtliche Vereinbarung durch eine Apostille ersetzt, die von den zuständigen Stellen im Herkunftsland ausgestellt wird. Für manche Länder ist grundsätzlich eine Legalisation ausgeschlossen und eine Urkundenüberprüfung notwendig. Diese erfolgt über die Deutsche Botschaft im Herkunftsland und wird von den Standesämtern im Rahmen der Amtshilfe beauftragt. Mehr Informationen hierzu finden Sie auf der Seite des Auswärtigen Amts.
Bei diesen Verfahren können Gebühren oder Überprüfungskosten entstehen, die in der Regel nicht vom Staat übernommen werden. Die Betroffenen haben diese selbst zu zahlen.
Auswärtiges Amt: Internationaler Urkundenverkehr
Übersicht wie sich die Kosten zusammensetzen, für welche Urkunden eine Legalisation oder Apostille möglich sind und welche verschiedenen Verfahren es gibt.
Wann gilt die Identität als geklärt?
In der Rechtsprechung lassen sich unterschiedliche Antworten finden, wenn es darum geht zu wissen mit welchem Dokument die Identität eines Menschen als geklärt gilt.
Die Identität einer Person, ihre Staatsangehörigkeit und grundsätzlich auch ihr Name werden vorrangig durch die Vorlage des Nationalpasses nachgewiesen. Auch mit anderen Urkunden/Dokumenten kann im Einzelfall die Identität nachgewiesen werden, vgl. nächste Frage.
Reichen auch abgelaufene Identitätsnachweise? Welche alternativen Dokumente sind neben einem Nationalpass denkbar? Reicht der blaue Pass zum Identitätsnachweis?
Eine abschließende Aussage dazu, wann welche (Ersatz-) Dokumente ausreichend sind, kann hier nicht getroffen werden. Dies ist vom jeweiligen Einzelfall abhängig. Es kommt immer darauf an, ob mit den vorgelegten Urkunden/Dokumenten das Standesamt (oder das Gericht) von der Identität überzeugt ist. In der Rechtsprechung bereits mehrfach besprochen wurden folgende Möglichkeiten des Nachweises der Identität:
ein abgelaufener Pass kann für die Klärung der Identität herangezogen werden
auch der von einem Drittstaat ausgestellte Personalausweis, wie beispielsweise die Identitätskarte für palästinensische Flüchtlinge kann ausreichen (in Kombination mit weiteren Dokumenten)
Passersatzdokumente in Form von Reiseausweisen für Flüchtlinge (sog. blauer Pass, § 1 Absatz 3 Aufenthaltsverordnung), Staatenlose (§ 1 Absatz 4 Aufenthaltsverordnung) oder für Ausländer*innen (§ 5 Absatz 1 Aufenthaltsverordnung) eignen sich grundsätzlich zum Nachweis der Identität, es sei denn, die Passersatzdokumente verfügen über einen erläuternden Zusatz nach § 4 Absatz 6 Aufenthaltsverordnung (In dem Zusatz steht, dass die Personendaten auf den eigenen Angaben des/der Antragsteller*in beruhen) (in Kombination mit weiteren Dokumenten)
In diesen Fällen werden in der Regel zusätzliche Beweismittel gefordert, zum Beispiel durch weitere als echt bewertete Urkunden einzelner anderer Familienmitglieder, Verfahrensakten der Ausländerbehörde oder Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung des Betroffenen (§ 9 Absatz 2 PStG).
Warum hat das Kind nicht den Namen des Vaters bekommen? Warum fehlt der Name des Vaters auf der Geburtsurkunde?
Grundsätzlich erhält das Kind bei seiner Geburt den gemeinsamen Ehenamen seiner verheirateten Eltern. Haben die Eltern keinen gemeinsamen Ehenamen oder sind nicht verheiratet, haben aber das gemeinsame Sorgerecht, bestimmen sie den Familiennamen gemeinsam. Dabei können die Eltern auch bestimmen, ob bei der Bestimmung des Familiennamens das Recht des Heimatstaates oder deutsches Recht anwendbar sein soll (§ 10 Absatz 2 EGBGB).
Als Vater wird der Ehemann der Mutter eingetragen, wenn die Eheurkunde vorliegt, diese echt und nach materiellem Recht wirksam ist (§ 1592 BGB, §§ 13, 19 EGBGB).
Kann die Eheschließung nicht nachgewiesen werden, kann der Betroffene die Vaterschaft nach § 1592 ff BGB anerkennen und damit die Abstammung seines Kindes nachweisen. Eine Vaterschaftsanerkennung und gemeinsame Sorgeerklärung können schon vor Geburt beim zuständigen Jugendamt beurkundet werden.
In Fällen, in denen von einer Ehe der Mutter ausgegangen wird, weil zum Beispiel die ausländische Scheidung nicht anerkannt wird, wird der Ehemann als Vater des Kindes angesehen, auch wenn ein anderer Mann der biologische Vater ist. Hier muss neben der Vaterschaftsanerkennung des biologischen Vaters eine Vaterschaftsanfechtung des rechtlichen Vaters (Ehemann) beim Amtsgericht erfolgen. Unbedingt beachtet werden sollte die dreimonatige Frist für eine nachträgliche Namensänderung nach erfolgter gemeinsamer Sorgerechtserklärung.
Wenn keine eigenen Urkunden und keine Vaterschaftsanerkennung und gemeinsame Sorgeerklärung vorliegen, wird der Vater nicht beurkundet. Dann erhält das Kind im Geburtenregister zunächst den Familiennamen der Mutter. Eine Namensänderung kann nachträglich durch das Standesamt oder das Gericht geändert werden, wenn alle erforderlichen Unterlagen vorliegen.
Warum habe ich bei einem Kind eine Geburtsurkunde erhalten und bei dem anderen einen Registerausdruck, obwohl die Umstände gleich sind?
Wenn tatsächlich alle Umstände gleich sind, muss die Beurkundung der Geburt erfolgen. Eintragungen in anderen deutschen Personenstandsregistern sind zu übernehmen (§ 9 Absatz 1 PStG).
Kann man einen Registerausdruck/eine Geburtsurkunde nachträglich ändern?
Das Standesamt kann einen unrichtigen oder unvollständigen Registereintrag ändern (§ 46 PStG) oder einen abgeschlossenen Registereintrag berichtigen (§ 47 PStG), wenn er nicht der Wahrheit entspricht.
Das Standesamt kann die Berichtigungen von Amts wegen oder auf Betreiben eines Beteiligten vornehmen.
War der Registerausdruck mit einem erläuternden Zusatz versehen, dass die Identität der Eltern nicht geklärt ist, kann dieser im Nachhinein entfernt werden, wenn alle erforderlichen Dokumente vorliegen und die Identität der Eltern nachgewiesen wird. Es erfolgt eine Berichtigung, die auch das Standesamt gem. § 47 Absatz 1 Satz 3 Nr. 2 PStG vornehmen kann.
Sollte eine Berichtigung durch das Standesamt nicht möglich sein, folgt der Weg zum Amtsgericht. Das Gericht kann die Änderung aller abgeschlossener Registereinträge anordnen (§ 48 PStG) oder, wenn das das Standesamt die Vornahme einer Amtshandlung ablehnt, auf Antrag der Beteiligten oder der Aufsichtsbehörde, das Standesamt zur Handlung anweisen (§ 49 PStG).
Erst dann, wenn der Geburtseintrag komplett vervollständigt wurde, kann die Geburtsurkundenausstellung erfolgen.
Gibt es hilfreiche Urteile und wo kann ich sie finden?
Es existieren vor allem Gerichtsentscheidungen, die sich mit der behördlichen Identitätsfeststellung von Eltern im Zusammenhang mit der Geburtenregistrierung ihrer Kinder befassen.
Relevante Entscheidungen können in der Datenbank von Asyl.net sowie Juris.de gefunden werden. Viele der Fragen werden auch in der Analyse „Papiere von Anfang an. Das Recht auf eine unverzügliche Geburtenregistrierung nach der UN-Kinderrechtskonvention und seine Durchsetzung“ beantwortet.
Was ist mit einem Kind, das auf der Flucht geboren wurde?
Diese Frage lässt sich nicht abschließend klären. Eine rechtliche Beratung ist oftmals notwendig, da es u. a. davon abhängt, wo das Kind geboren wurde (beispielsweise in internationalen Gewässern, einem EU-Mitgliedsstaat oder außerhalb der EU), welche Staatsangehörigkeit die Eltern haben, wo sich das Kind befindet und bei welchem Elternteil. Diese Fragen sind wichtig, um zu wissen welcher Staat für die Ausstellung der Geburtsurkunde zuständig ist, an welche Behörden sich die Personen wenden müssen und welche Unterlagen verlangt werden können.
Von wem kann ich mich beraten lassen?
Das auf wissenschaftliche Arbeit und Forschung ausgerichtete und durch das DIMR-Gesetz geregelte Mandat des Deutschen Instituts für Menschenrechte schließt Einzelfallberatung aus. Das DIMR ist keine juristisch oder psychologisch beratende oder vermittelnde Einrichtung, keine Beschwerdestelle und/oder humanitäre Hilfsorganisation und kann bei individuellen, persönlichen Anliegen, die eine konkrete Lebenssituation betreffen, leider nicht tätig werden. Wir sind jedoch dankbar über Meldungen in Bezug auf nicht oder verspätet ausgestellte Geburtsurkunden, um einen Einblick in die praktischen Gegebenheiten zu erhalten.
Es ist dennoch wichtig, dass Sie sich bei Fragen an eine Fachberatungsstelle oder an Rechtsbeistände wenden.